Unsere Esskultur durchlebt einen deutlichen Wandel. „Ich glaube ich koche mir heute was leckeres.“ Die Frage ist, warum muss es so betont werden, dass es lecker sein soll? Essen wir sonst nicht lecker? Und wenn es nicht der Geschmack ist, worum geht es dann? Dem BMEL Ernährungsreport 2017 zufolge ist 55% der Deutschen schnelle und einfache Zubereitung das wichtigste Kriterium für ihr Essen. Bei den 19 – 29 jährigen liegt die Quote sogar bei 72%. Die stetig wachsende Auswahl an Fertiggerichten, Fastfood Filialen, Lieferservices und Imbissen zeigt, dass Essen immer schneller werden muss. Aber schneller bedeutet nicht unbedingt, dass es dadurch besser wird.

Die Tiefkühlpizza ist nicht der Feind

Wir sehen diese Entwicklung kritisch – aber nicht überkritisch. Gegen den Hunger hilft es zu essen und in unserer schnelllebigen Welt ist oftmals einfach nicht die Zeit, eine gesunde, nahrhafte, frische und auch noch leckere Mahlzeit zuzubereiten. Der Job, die Familie, Hobbys, Freunde und Familie – alles muss unter einen Hut passen. (Fast) Niemand kommt daran vorbei mal was auf die Schnelle zu essen. Ob es das belegte Brötchen zwischen zwei Meetings, Currywurst Pommes im Stadion oder eine bestellte Familienpizza, weil alle erst am Abend aus der Schule und von der Arbeit zusammenkommen und keiner mehr Lust hat, sich noch in die Küche zu stellen. Als Teil unserer Kultur steht uns eine Fülle an Möglichkeiten zur Auswahl um ohne Mühe oder Anstrengung satt zu werden. Leider ist dies oftmals der einzige Grund zum Essen – doch das muss und das sollte er nicht sein.

Esskultur und Lebensgefühl

Schauen wir uns in Europa um, insbesondere Südeuropa, dann fällt schnell auf, das Lebensfreude und Nahrungsaufnahme eng miteinander Verbunden sind. In Spanien, Italien, Griechenland und auf dem Balkan sind ausgiebige Mahlzeiten im Kreise von Freunden und Familie ein wichtiger Bestandteil der Gesellschaft. Wichtige Verträge werden mit einem gutes Essen besiegelt, mit Freunden verbringt man ganze Abende am Tisch, isst, trinkt und lässt es sich gut gehen. Die deutsche Esskultur ist davon Meilenweit entfernt. Essen wird allgemein eher ein geringer Stellenwert beigemessen. In ein Restaurant geht man für das Essen – und geht danach wieder nach Haus. Das Ambiente und die Atmosphäre ist natürlich schon ausschlaggebend, dennoch bleibt der Deutsche eher selten länger am Tisch als nötig.

Dem Klischee entsprechend neigen wir auch in der Küche und am Esstisch leider nur all zu oft zu Effizienz. Essen schnell zubereiten wurde zu einer Lebenseinstellung. Zu einer „fixen Idee“ wenn man so will. Und wie zuvor erwähnt ist dies ja auch manchmal notwendig. Leider führte dies zu einem Trend, der lange Zeit nicht aufzuhalten war: Alles wurde immer mehr auf die schnelle, nicht die gesunde, nahrhafte oder leckere Zubereitung ausgelegt. Manche Industriezweige führen diese Vereinfachung der Zubereitung fast ad absurdum wie ein Beispiel zeigt.

Tiefkühlgemüse: einfacher geht es nicht mehr

Tiefkühlgemüse ist praktischer als Frischware  – klar, frisches Gemüse verdirbt schneller, muss vorsichtiger Transportiert werden. Nimmt man direkt eine fertige Gemüsemischung, muss man sich nicht mal mehr um die Auswahl der Gemüsesorten kümmern und hat auch gleich ein Thema: italienisch, spanisch, asiatisch. Vielleicht fügt der Hersteller bereits Gewürze hinzu, dann erspart man sich noch den Schritt des Würzens. Ganz pfiffige Hersteller fügen gleich eine fertige Sauce hinzu. Ein solcher Gemüsebeutel muss nur noch in der Pfanne erhitzt und mit einer Beilage nach Wahl serviert werden. Immer noch zu kompliziert? Kein Problem! Alles zusammen in einer praktischen Kunststoffschale ermöglicht es auf Knopfdruck , in wenigen Minuten ein duftendes, dampfendes Gericht in der Mikrowelle zuzubereiten. Was genau so alles in dieser Schale, die nach dem Verzehr ihres Inhalts dem dualen System zugeführt werden kann, enthalten ist lesen die wenigsten. Zusatzstoffe? Bindemittel? Trennmittel? Welches Gemüse war in der Mischung überhaupt enthalten? Alles nicht mehr so wichtig wie die schnelle und einfache Zubereitung, mit Esskultur hat dies leider nichts mehr zu tun.

Von der Effizienz zum Aroma

Kochen wird oftmals als Last empfunden. Natürlich, in einer Effizienzgesellschaft ist es notwendig seine Zeit so effektiv wie möglich zu investieren. Für Müßiggang ist keine Zeit. Betrachtet man kochen jedoch abseits von seiner offensichtlichen Funktion der Nahrungszubereitung, entdeckt man sehr schnell weitere Facetten: Denn ein guter Koch ist Künstler, Biologe, Chemiker. Auf dem Teller und im Topf kann er eine Geschichte erzählen. Natürlich ist nicht jeder geboren um einen Michelin-Stern zu erlangen, dennoch hat jeder die Chance hinter die Fassade der Zubereitung zu gucken. Von der sorgfältigen Auswahl der Zutaten, den richtigen Handgriffen und unendlichen Kombinationsmöglichkeiten mal ab kann kochen ebenso meditativ wie herausfordernd sein. Einen Bezug zu seinen Nahrungsmitteln herzustellen hilft also nicht nur sich besser, gesünder und leckerer zu ernähren, sondern bietet auch die Möglichkeit sich kreativ zu entfalten.

Gemeinsam Essen

In den letzten Jahren erlebt die Küche eine Renaissance. Eine kleine noch, aber sie ist da. Junge Unternehmen suchen sich Platz am Markt und holen eine neue Generation mit Gewürzen, Zutaten, Rezepten und Zubereitungsarten ab. Kochen soll wieder in Mode kommen. Natürlich macht dabei jeder sein eigenes Ding: der eine animiert zu glutenfreier Küche. Ein weiterer zeigt, wie lecker es sein kann sich vegan zu ernähren. Wieder Andere bieten Einblicke in Molekularküche oder erfinden die Hausmannskost neu. Für jeden Gaumen und für jeden Grad an Fertigkeiten gibt es die möglichkeit sich unabhängig von Fertiggerichten und „Fremdküche“ zu ernähren.

Und was tun wir jetzt so genau?

Unser Wunsch und anliegen ist es, Esskultur und Kochkultur wieder in die heimische Küche zu holen. Ein schwieriges Anliegen, doch wir fangen klein an. Wenn wir mit unseren Beiträgen hier und in den Sozialen Medien dem einen oder anderen einen anderen Blick auf das vermitteln können, was er jeden Tag zu sich nimmt, ist dies schon eine tolle Sache. Dies soll kein Koch-Blog werden – das können andere besser als wir. Wir wollen auch niemandem vorschreiben, was er zu essen, zu kochen oder sonst zu tun hat.

Unsere Mission ist es zu zeigen, dass unabhängig von Allergien, Unverträglichkeiten, persönlichem Geschmack, Ernährungskonzepten und -gewohnheiten eine gesunde, ausgewogene Küche möglich ist. Wir verstehen uns dabei nicht als Rezeptbörse – obwohl wir natürlich auch Rezepte vorstellen werden. Viel mehr wollen wir euch aber Tips, Tricks und Wissen vermitteln. Eine Generation lernt wieder kochen und wir wollen dabei helfen, dass es gut, gesund und lecker wird.

Besser schmecken ist unser Auftrag, doch gilt dies nicht nur für die zubereiteten Lebensmittel. Auch den Geschmackssinn neu erleben, zu verfeinern ist etwas, dass man bei uns lernen soll. Wir wollen die Auswahl der Zutaten, die Zubereitung und den Genuss genauer unter die Lupe nehmen und dabei zeigen, das gut nicht immer komplex, teuer oder ungesund ist.

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